TRIUMPH DER PROVINZ
Eine Selbstreflexion in Sachen Lebensalltag
von Felicia Zeller
Inszenierung: Torsten Schilling • Musik: Martin Gasser
Die Welt ist rund und ein Dorf. Darüber geht unbarmherzig die Sonne auf und nieder. Felicia Zellers Figuren reden Erstaunliches in erstaunlichem Tempo, als ob sie sich mit jedem Wortfetzen neu erfi nden wollten. Ihr Sprachfl uss soll sie wegbeamen aus dem ewigen Reich der Blumenrabatten, Doppelgaragen, Parkbank- und Eigenheimidylle - doch er führt sie nur weiter weg von sich selbst. Ob alternder Märchenprinz oder abgehalfterte Fernsehdiva, ob Wohlstands-Hippie mit körpergesteuerter Wahrnehmung oder naive Provinzgöre mit Pop-Star Allüren, ob lieblos frustriertes Ehepaar oder glücklich verblödetes Liebespaar - alle reden, denken, träumen, agieren sie aneinander vorbei. Und ein musizierendes Schaf gibt der Nachbarschaft Richtung und Tempo vor. Wenn denen und uns endlich klar wird, wie idiotisch die Illusion von Metropolen ist, bleibt zumindest noch die Hoffnung auf die Erlösung durch Außerirdische - oder...?
Die Figuren und ihre Darsteller
Niklas Weser als
FRANKAXEL
vielleicht 20 vielleicht 27, langhaariger Hippie, Ableger einer hippiemässigen Esoterik-Mutter, steht oder liegt immer irgendwo blöd rum. Manchmal gerät er in Körperhaltungen, mit denen er die Beobachtungen, die er macht, steuern kann, meist jedoch verliert er die Kontrolle, dann steuert ihm sein Körper die Wahrnehmung. Um ihn rum spielt sich alles ab wie ein komischer Film.
Kathrín Janach als
MICKI
ist vielleicht 18 oder 23 und auf jeden Fall auf dem Weg in die Grosstadt, wo es nicht so langweilig ist, wie da, wo sie herkommt, und wo sie ganz gross rauskommen will, wenn sie erst mal ihre erste Hitsingle HE NIKOLAUS veröffentlicht hat.
Ingrid Tempele als
DIE BRILL
bekannt aus der Fernsehserie MENSCHEN TIERE ATTRAKTIONEN, etwas gealtert (zwischen 30 und 45) aber dennoch starmässig aussehende Tussi mit sehr vielen Taschen und Symptomen von Body Dismorphic Disorder (obwohl sie blendend aussieht, denkt sie, sie wäre grässlich entstellt). Mit ihrem neuerschienenen Kochbuch KOCHEN OHNE TIER tingelt sie durch die Provinz.
Markus Hackhofer als BILL und Katharina Zimmermann als BILLE sind verheiratet und circa Mitte dreissig. Stammen aus dem gleichen Ort, heirateten früh, bauten womöglich ein Eigenheim mit Doppelgarage und langweilen sich jetzt gemeinsam. BILLE tendenziell magersüchtig, BILL nach alter Tradition machohaft. Das Sexualleben der beiden liegt brach, BILL hat keine Lust mehr und schaut lieber fern, während BILLE sich Kinder wünscht. Eigentlich war aber der SCHORSCH ihre grosse Jugendliebe.
Paul Niederwolfsgruber als
SCHILL
mit Vornamen GEORG, aber auch SCHORSCH genannt, alter Jugendfreund von BILL und BILLE, Junggeselle, baggert schon aus Prinzip alle Frauen an, weil sie Frauen sind. In der Provinz ist er der Märchenprinz, behauptet, alles zu können, und macht auch alles.
Thomas Prenn als ROMI und Magdalena Mitterhofer als JULI
die Frischverliebten äh Verblödeten, ca. 16 – 66 Jahre alt, in laut raschelnder Kleidung, z.B. dicken, aufgeschäumten Anoraks, befinden sich das ganze Stück als Störgruppe im Vordergrund. Durchgängig mit Schaben und Zupfen, Fummeln und Lächeln zu Gange, ab und zu kichern sie albern und glücklich auf oder zeigen sich Fotos, auf denen sie selber abgebildet sind.
Martin Gasser als
Das SCHAF
an einen Pfosten gebunden, um den es unermüdlich grast. Es muss sich nicht gross entscheiden. Wenn es erschrickt, klöppelt es ein wenig zur Seite, bis der Strick spannt, dann rupft es eben da weiter. Alles, was essbar ist, wird gegessen. (Ab und zu rammelt es gedankenverloren einen alten Holzstuhl, der sich auch nicht weiter drüber aufregt.) Ausserdem vergisst es nach zwei Jahren sowieso alles, was es gesehen hat. - Bei uns natürlich kann das Schaf hervorragend singen und musizieren und wertet somit enorm die unterhaltsame Nuance des Abends auf!